Rückblick 2022

Zum Ende des dritten Corona-Jahres in Folge, das durch weitreichende „Lieferketten-Probleme“ und Putins Angriff auf die Ukraine, die Fotobranche insgesamt mehr oder weniger stark beeinflusst hat, lohnt es sich einmal zurückzublicken und gleichzeitig einen kleinen Ausblick auf 2023 zu wagen.

In wieweit die „neue“ Covid19-Strategie in China die Branche auch in 2023 treffen wird ist noch nicht abzusehen, und auch Putins Angriffskrieg und dessen weltwirtschaftliche Folgen lassen sich wohl erst nach dem Ende der Kampfhandlungen abschließend beurteilen, feststeht aber, dass die Energiekrise und eine hohe Inflation zusätzlich in den Mittelpunkt der Überlegungen für Neuanschaffungen treten werden!

Was gab es also Neues?

Bei den Vollformat DSLMs hatte im Vorjahr Sony mit der Alpha 1 die Messlatte sehr hochgelegt: 50 MP Auflösung, Stacked-BSI-Sensor und einen elektronischen Sucher mit 9,6 Mio. Bildpunkten und eine Bildwiederholungsrate von bis zu 240 B/Sek, und das alles mit einer nie dagewesenen Performance und ohne Dunkelpausen im bis zu 30 B/Sek schnellen Serienbildmodus, waren der neue Maßstab bei den KB-DSLMs! Im Verlauf des Jahres 2021 kündigten alle renommierten Kamerahersteller an, ebenfalls Modelle mit Stacked-Technologie und hoher Performance auf den Markt zu bringen. Anfang 2022 zogen Canon mit der R3, Nikon mit der Z9 und Olympus mit der OM-1 nach. Allerdings beschränkte sich Canon bei der R3 auf 25 MP, und bei der OM-1 handelt es sich um eine Kamera im MFT-Format mit 20 MP, so das bisher nur ein vergleichbarer Mitbewerber im FX-Segment auf dem Markt ist.

Im Gegensatz zu Sonys Alpha 1 präsentierten Canon und Nikon ihre neuen Kameras mit der Stacked-Sensortechnologie als Nachfolger für ihre Profi-DSLR-Kameras Canon EOS-1D X Mark III und Nikon D6, die sich im Bereich Sportfotografie, wegen ihrer Performance und ihrem Formfaktor, weltweit etabliert haben. Dieses Kundensegment konnte Sony bis zum Erscheinen der Alpha 1 nicht bedienen!

Das etablierte Handwerkszeug für Sportfotografen von Canon und Nikon

Mit der Alpha 1 bemühte sich Sony auch im „Profisegment“ Fuß zu fassen, und es gelang Sony zumindest bei den Agenturen (die Ihren Fotografen Equipment zur Verfügung stellen) gewisse Erfolge zu erzielen!

Bei den Kameras mit klassischen Sensoren ist der Kampf, wer bietet mehr Pixel, scheinbar wieder ausgebrochen. So bieten inzwischen Sony, Canon und auch Leica (M11) FX-Kameras mit 60 MP an. Inwieweit das technisch notwendig ist bleibt die Frage, war doch die Bildqualität schon bis dato mehr als gut!

Sony ergänzte seine „Brot & Butter“ a7-Modellreihe um gleich mehrere Varianten, die lange erwartete neue a9 dagegen soll jetzt im Frühjahr 2023 erscheinen. Für das APS-C-Format gab es bisher nichts neues, und ist auch scheinbar für die nächste Zeit nichts geplant.

Auffällig war bei Canon die neuerliche Hinwendung zum APSC-Format, das mit zwei neuen DSLM-Kameras (R7 mit 32,5 MP; R10 mit 24,2 MP) und einer Reihe zum Format passender Objektive beglückt wurde. Natürlich wird auch in diesem Marktsegment wieder mit Pixeln gewuchert.

So bietet z.B. Fuji seit November die X-T5 und die X-H2 mit 40,2 MP an. Ob die angekündigte APS-C-Kamera mit Stacked-Sensor im neuen Jahr tatsächlich auf den Markt kommt bleibt abzuwarten.

Auch Pentax bleibt seiner Nische treu und schickt eine neue DSLR, die KF ins Rennen. Darüber hinaus wurde eine neue Spiegelreflexkamera für analoge KB-Filme angekündigt. Bei Pentax setzt man also weiter auf die Nische!

Panasonic organisiert sein (Foto-)Kamerageschäft neu, so soll es im FX-Segment künftig nur noch eine Top-Kamera als Gemeinschaftsprodukt mit Leica geben, wie es mit APS-C weitergeht ist noch nicht klar. Beim MFT-Format will man aber weiter vorne dabei sein, so bietet man mit der Lumix GH6 immerhin schon Sensoren 25 MP an.

Im Bereich der Mittelformat-DSLM hat sich Fuji mit der GFX-Reihe erstaunlich gut etablieren können, und preislich trauen sich die Mitbewerber (noch) nicht an das Preis-Niveau von Fuji heran.

Wie sich die neue Stacked-Sensor-Technologie mit am Markt verfügbaren Modellen bei den Herstellern weiterentwickelt, ist vor dem Hintergrund der schwierigen äußeren Bedingungen nicht wirklich vorauszusehen. Wir müssen möglicherweise auch 2023 weiter mit dem Lieferketten-Problem und den damit verbundenen Verzögerungen rechnen! Die (Weiter-)Entwicklung dieser Bildsensoren schein allerdings schwieriger zu sein, als vor drei Jahren angekündigt bzw. angenommen. Es überrascht also nicht, dass es nur zwei (!) Sensor-Herstellern, nämlich Canon und Sony gelungen ist Stacked-Sensoren für das FX-Format marktreif herzustellen, denn wie man inzwischen weiß kommt auch der Sensor der Z9 von Sony. Es bleibt also abzuwarten was Canon, Nikon und Sony unterhalb ihrer FX-Topmodelle wirklich in die Geschäfte bringt!

Bei Sigma müht man sich weiter mit der Implementierung des Feveon-Bildsensors in die eigenen fp-Kameras ab – ob es in 2023 endlich klappt steht noch in den Sternen!

Objektive

Bei den Objektiven ist Mitte des Jahres Bewegung in den Markt gekommen. In ungewohnter Eintracht haben sowohl die Kamera-Hersteller als auch die Drittanbieter das Angebot an DSLR-Objektiven radikal ausgedünnt. Gleichzeitig scheint sich der Zugang zu den „Verbindungs-Protokollen“ für die DSLM-Kameras von Canon und Nikon langsam zu öffnen. Zudem bietet Tamron zum ersten Mal mit offiziellem Segen ein Zoom-Objektiv für die Nikon Z-Kameras an. Gleichzeitig hat Nikon das von Tamron entwickelte 2.8/17-28mm als „umgelabeltes“ Z-Objektiv in sein Programm aufgenommen. Zwar scheint der Patentrechtsstreit zwischen Canon und Viltrox noch nicht offiziell beendet zu sein, aber es besteht die Hoffnung, das Canon sich unter dem zukünftig stärkeren Konkurrenzdruck ebenfalls für Objektive von Drittanbietern öffnet. Sony, Fuji, Leica, und auch Panasonic waren von Anfang an weise genug sich dem Drittanbietermarkt gar nicht erst zu verschließen!

Bei den Objektiven hat Nikon drei bemerkenswerte Teleobjektive für die Z-Kameras präsentiert: zum einen das NIKKOR Z 400 mm 1:2,8 TC VR S, das NIKKOR Z 600 mm 1:4 TC VR S und das NIKKOR Z 800 mm 1:6,3 VR S, zum anderen das schon erwähnte NIKKOR Z 2.8/17-28mm. Das letztgenannte habe ich schon für einen Test vorliegen, und werde im neuen Jahr darüber berichten!


Neue Nikon Teleobjektive

Canon brachte ein Canon RF 135mm F1.8 L IS USM neu auf den Markt

Vor dem Hintergrund der Alpha 1, und den hohen Ansprüchen an die Objektive, aktualisiert Sony sein FX-Objektiv-Programm Zug um Zug. Fuji baut sein Angebot außer im APS-C-Segment auch beim Mittelformat (GHFX-Reihe) weiter aus. Auch bei den anderen Kamera-Herstellern wurde und wird das jeweilige Objektiv-Programm erweitert oder ältere Objektive optimiert.


Bei den Drittanbietern konnte Tamron mit einigen bemerkenswerten Neuigkeiten aufwarten. Einen gänzlich neuen Brennweitenbereich für das FX-Format präsentierte Tamron Z.B. mit dem 2-2.8/35-150mm oder dem 2.8/20-40mm (alle mit Sony E-Mount, und beide hier schon getestet!)

Auch Sigma hat sein Objektivprogramm in den bekannten Modellreihen weiter gepflegt und erweitert, echte Neuigkeiten oder neue Brennweiten gab es dagegen im Fotobereich nicht!

Bei Zeiss gab es zuletzt das Batis 2.0/40mm Vollformat als echte Alternative zur klassischen 35er Street-Brennweite, leider in der AF-Version nur für Sony E-Mount, und einen weiteren Ausbau der Automatik-Objektiv-Reihe für Fuji-APS-C-Kameras.

Darüber hinaus gab es ein reichhaltiges Angebot an manuellen Objektiven für DSLM-Kameras vornehmlich von chinesischen Anbietern für fast alle Formate, auch gerne in lichtstarken (f/0,95) Ausführungen oder mit sehr kurzen Brennweiten. Auch das Mittelformat scheint interessant zu sei, hat man doch jetzt auch ein Shift-Objektiv für die Fuji-GFX-Modelle angekündigt! Insgesamt konnte man feststellen das sich die optischen Leistungen, dieser meist preisgünstigen Objektive, merklich verbessert hat!

In Sachen Kamera-Zubehör hat es scheinbar keine Lieferketten-Probleme gegeben, sind doch regelmäßig auch neue oder aktualisierte Gerätschaften auf dem Markt erschienen. Die Mitteilung von Nikon zukünftig keine eigenen Blitzgeräte mehr zu entwickeln und herzustellen blieb nur eine Randnotiz, war doch allgemein bekannt, dass schon seit Analogzeiten die Nikon-Systemblitze bei Nissin im Auftrag hergestellt wurden!

Tja, dann gab es da noch zahlreiche (Neu-)Versionen bekannter oder auch neuer Anbieter von Foto-Software. Technisch gesehen geht es bei fast allen deutlich in Richtung AI-gestützter Funktionen. Marktführer bleibt nach wie vor Adobe mit Lightroom und Photoshop. 2022 hat auch Adobe verstärkt AI-gestützte Funktionen in die Programme integriert. Darüber hinaus erweist sich das Abo-Angebot bis jetzt erstaunlich preisstabil, was sich für die meisten Mitbewerber, außer Affinity, leider nicht sagen lässt!

So kündigt Capture One für 2023 ein (teures?) Abo-Modell an, sagt aber, dass es weiterhin einzeln zu erwerbende Vollversionen geben wird. Allerdings sind die Presseankündigungen bisher dazu er verwirrend als klar!

DxO hat PhotoLab 6 im Oktober vorgestellt. Hier gibt es, zu einem deutlich höheren Preis, ein noch einmal weiterentwickeltes Entrauschungsmodul – prima! Weniger überzeugend ist, dass das Programm immer noch nicht mit RAWs der Nikon Z9 umgehen kann!

Den größten Aufreger lieferte Luminar mit der Einführung von Luminar Neo, kam es doch im Frühjahr eher rudimentär zu den Usern, allerdings mit dem Versprechen die fehlenden Funktionen nachzuliefern. Die Nachlieferungen kamen, allerdings in einer Vermischung mit neuen zusätzlichen Funktionen und einem neuen Abo-Modell, das wenn man alles nutzen möchte, die Software auch teurer macht. Es bleibt zu hoffen das Luminar in 2023 die Kurve kriegt und endlich durchschaubare Strukturen zu Weiterentwicklung ihres Programms anbietet! Zu den Nachlieferungen und Erweiterungen muss man sagen das einige sehr gute Funktionen dabei sind, wie z.B. das AI-Entrauschen, das sehr gute Ergebnisse liefert!

Neu auf dem deutschen Markt trat Radiant Photo auf, eine Software die viele Automatik-Funktionen bietet, die auch mit RAWs der aktuellen Kameras, wie z.B. der Nikon Z9, umgehen kann, und auch durchaus gute Ergebnisse liefert!

Auch Affinity von Serif hat seine Software-Suit auf die Version V2 Runderneuert. Die wichtigste Neuerung in Affinity Photo: nun kann man bearbeitete RAWs inklusive der Bearbeitungsparameter neu abspeichern! Mit Nikon Z9 RAWs kann das RAW-Entwicklungsmodul bisher leider auch noch nicht!

Insgesamt gesehen waren die Neuerungen bei den jeweiligen Programm-Anbietern überschaubar, und ein Upgrade meiner Meinung nach nicht immer unbedingt notwendig, erst recht, wenn z.B. bei den Neuversionen noch nicht einmal alle aktuellen Kameramodelle erkannt werden! Die Entscheidung ob man ein Upgrade benötigt muss der jeweilige User selbst entscheiden!

Einen echten Boom erlebet das Fotografieren ohne Kamera. Das, auch größten Teil kostenlose Angebot, KI-gestützter Software, die die textbasiert Bilder erzeugen kann, wächst fast täglich, und findet eine stetig wachsende Fan-Gemeinde! Erleben wir das Ende der kamerabasierten Fotografie schnell als gedacht? Es bleibt spannend!

Zum Schluss noch einige Hinweise zu den in der nächsten Zeit anstehenden Reviews:

Kurz vor Weihnachten, zwar nicht als Weihnachtsgeschenk, aber immerhin als eine kleine „Überraschung“ traf tatsächlich ein Paket von Nikon-Deutschland mit einer Nikon Z9 für einen Test ein! Dazu anfangs des neuen Jahres mehr!



Es folgen die Berichte zu den Nikon-Objektiven Z 2.8/17-28, dem Z 1.2/50mm und dem Z 2.8/70-200mm. Darüber hinaus wird mich demnächst eine Lumix GH6 nebst Objektiven besuchen, und ein Test zu Carbon-Einbeinstativen ist schon in Vorbereitung!

In Sachen Zubehör werde ich das „kleine“ Studio-Blitz-System AD100 von Godox vorstellen, über Viltrox-Objektiv-Adapter, Rollei Magnet-ND-Filter und vieles mehr berichten. Auch das Thema Makro-Fotografie kommt nun endlich zum Zuge.

Also schauen wir mit Spannung auf ein fototechnisch spannendes 2023!

 

© Dieter Doeblin. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text: Dieter Doeblin, Fotos: D. Doeblin, Hersteller




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Negative oder Dias mit der DSLR abfotografieren

Film-Trockenschrank im Eigenbau

DIY-Repro-Sativ