Fotografie: Kontrast und Dynamik
Kontrast
und Dynamik
Häufiger
kommt Diskussionen die Frage auf, ob man denn im RAW- oder JPG-Modus seine
Fotos aufnehmen soll. Die Vor- und Nachteile wurden auch schon ausgiebig
beschrieben. Was allerdings auch bei diesem Thema etwas verloren geht, sind die
Grundlagen dieser beiden o.g. Begriffe, die aber für den Fotografen wichtig
sind. Da wären die Fragen welche Kamera benutze/kaufe ich, wie muss ich die
Kamera einstellen, und welche Auswirkungen haben alle diese Entscheidungen für
das fertige Bild.
Kontrastumfang
Der
Kontrastumfang beschreibt die Helligkeit des zu fotografierenden Objekts, also
den Bereich von der Dunkelsten bis zur hellsten Stelle. Dieser Bereich lässt
sich gut als Abstufung unterschiedlicher Graustufen, von schwarz bis weiß,
darstellen. An dieser Stelle sei angemerkt das alle Kameras nur schwarzweiß
sehen können. Die Farben definieren sich über bestimmte Grauwerte, die im
Bildprozessor in Farbwerte umgewandelt werden.
Das
menschliche Auge erreicht spontan ein Kontrastverhältnis von 100.000:1, nach
einer längeren Adaption schafft das Auge noch deutlich mehr. Dazu muss man
wissen, dass das Auge nicht linear sondern logarithmisch arbeitet. Das
menschliche Auge ist also auf die physikalische Eigenschaft, dass die
Lichtstärke im Quadrat abnimmt, angepasst. Nur logarithmisch arbeitende Systeme
erreichen deshalb eine aus menschlicher Sicht natürliche, über die gesamte
Grauskala konstante prozentuale Abstufung der Grauwerte, also eine hohe und
konstante Kontrastauflösung von weiß bis schwarz.
Um per
Fotografie realistische Abbildungen der Umwelt wiederholbar herstellen zu
können, hat man die Blende als „logarithmische (Zahlen)Reihe“ eingeführt und
auch die möglichen Verschlusszeiten entsprechend abgestuft.
Dynamikumfang
Der
Dynamikumfang ist ein wichtiges Kriterium für die Aufnahmegeräte und die zum
Einsatz kommenden Aufnahmematerialien (Filme, Fotopapier). Schon früh hat man
versucht die Eigenschaften der Aufnahme-materialen ebenfalls auf die natürlichen
Bedingungen hin zu optimieren. So gab es Filme mit unterschiedlicher
Empfindlichkeit und Gradation, und abgestimmt dazu, Papiersorten von weicher
bis harter Gradation. Auch bei den SW-Filmen gab es schon eine direkte
Abhängigkeit zwischen Empfindlichkeit und Dynamik (Kontrastumfang), je empfindlicher
ein Film wurde, je weicher wurde die Gradation. Bei hochempfindlichen Filmen
musste man schon entsprechend entwickeln und das richte Papier auswählen um die
richtigen Schwarzwerte herauszuarbeiten. Das bedeutet, dass die analogen
Kameras technisch mit dem erreichbaren Dynamik/Kontrastumfang nichts zu tun
hatten. Einzig die Objektive waren wichtig für die erreichbare
Abbildungsleistung (Schärfe, Kontrast). Bei den heutigen digitalen Kameras ist
dagegen die „Dynamic Range“, bzw. der Dynamikumfang ein entscheidendes
Qualitätskriterium. Der Dynamikumfang wird allgemein in (nutzbare)
Blendenstufen angegeben. Die aktuellen Top-Kameras erreichen im Fotobereich
inzwischen bis zu 14 Blendenstufen. Hier einige Beispiele dazu:
Medium
Dynamic-Range in Blendenstufen
Bezug: menschliches Auge 20
Nikon
D810 14,8
Canon EOS
5D Mark III 9,7
Fuji XT-1 11,3
Sony A7 II 10,0
Sony A7r 12,0
Leica T 9,7
TIF Datei
16
JPEG
Datei 8
TFT-Monitor
8-10
Hochglanz-Papierfoto
5-6
Farb-Negativfilm
ASA 100 8-10
SW-Negativfilm
ASA 100 12-15
Farb-Diafilm
ASA 100 6-8
An den
Beispielen können wir sehen, dass der Dynamikumfang des menschlichen Auges
immer noch deutlich größer ist als der der aktuellen digitalen Aufnahmegeräte.
Was ebenfalls auffällt ist die Tatsache, dass der komplette Dynamikumfang der
aktuellen Kameras auf einem Monitor nicht darstellbar ist. Viele
Kamera-hersteller komprimieren deshalb bei der JPG-Ausgabe den Dynamikumfang,
und nennen das dann „Dynamik-Optimierung“. Dabei werden die hellen Bereiche stärker
komprimiert/beschnitten als die Dunklen, was bei der digitalen Fotografie
durchaus Sinn macht, da man in der Nachbearbeitung aus den Tiefen noch eher
etwas herausholen kann, die hellen Bereiche aber dann als „ausgefressen“ gelten
– und wo nichts mehr ist kann auch die Bildbearbeitung nichts mehr rausholen.
Aus dem gleichen Grund sollte man im Digitalen grundsätzlich eher etwas
unterbelichten.
Es
empfiehlt es sich daher, wichtige Fotos im RAW-Format abzuspeichern oder, wenn
möglich, beides (RAW und JPG). Es gibt natürlich Motive bei denen man auch mit
dem RAW-Format aufgrund eines immensen Dynamikumfangs an die Grenzen des
Machbaren stößt. In solchen Fällen helfen dann oft nur ein Grau-verlaufsfilter
oder eine Belichtungsreihe (HDR) weiter.
Dynamikumfang
– oder der Bereich zwischen Schwarz und Weiß
Was wir
sehen spielt sich im Bereich zwischen den beiden Extremen Schwarz und Weiß ab.
Dazwischen gibt es einen Bereich der vom Film beziehungsweise Bildsensor
abgebildet werden kann. Alles was über diesen abbildbaren Bereich hinausgeht,
ist nach der Aufnahme nicht mehr zu sehen. Dieser Dynamikumfang (oft auch als
Belichtungsumfang bezeichnet) ist nicht nur vom Sensor abhängig, sondern wird
von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Allen voran entscheidet die
ISO-Einstellung bei vielen digitalen Kameras darüber, welcher
Helligkeitsbereich abgebildet werden kann. Grundsätzlich gilt: Je höher die
ISO-Einstellung je geringer der Dynamikumfang! Wer hier seine Kamera auf
AUTO-ISO stellt, und dann z.B. stark abblendet um die Tiefenschärfe zu erhöhen
oder die Belichtungszeit bei bewegten Objekten verkürzt, geht das Risiko ein
seinen Dynamikumfang deutlich zu verringern. Abhilfe schaffen hier, zumindest
bis zu einem bestimmten Wert, die neusten, s.g. „ISO-Less-Sensoren“. Diese
sollen bis ISO 6400 die Dynamikverluste in vertretbaren Grenzen halten. Ganz
vermeiden lässt sich der Effekt allerdings (Stand Technik heute) noch nicht.
Ein
weiterer Punkt in Sachen Bildqualität ist also das Rauschverhalten einer
Kamera. Jeder Sensor hat, je nach Konstruktions-Prinzip und –Aufwand, ein
Eigen- oder Grundrauschen Das Sensor-Grundrauschen und das Dynamikverhalten
sind stark voneinander abhängig. Je höher das Grundrauschen des Bildsensors, je
geringer fällt der Dynamikumfang, oder anders ausgedrückt, die nutzbare
„Bandbreite“ aus. Wenn es dem Konstrukteur gelingt das Grundrauschen gering zu
halten entsteht eine höhere, nutzbare Bandbreite – der Dynamikumfang nimmt zu.
Für die fotografische Praxis bedeutet dies ein geringes mess- und sichtbares
Rauschen besonders in den Schattenbereichen bis hin zu den mittleren Tönen in
der Aufnahme. Dafür hat man in den neuen Bildsensoren die Anordnung der
eigentlichen lichtempfindlichen Sensoren ebenso optimiert, als auch die Abfolge
der Verstärkungs- und Verarbeitungsprozesse im Kameraprozessor. Die für den
„neuen“ Dynamikumfang relevante Technik bezeichnet man als „ISO-Invarianz“.
Die
Bild-Aufhellung – neu gedacht!
Die
ISO-Invarianz-Technik der modernen Sensoren erlaubt nun ein anderes Arbeiten in
der Fotopraxis. Man hat nun die Wahl zwischen einer kamerainternen Aufhellung
des Bildes durch die neue Art der ISO-Einstellung (Erhöhung des ISO-Wertes
durch Drehen am ISO-Einstellrad, bzw. durch die Wahl von Auto-ISO an der
Kamera) oder einer späteren Aufhellung des Bildes durch den RAW-Konverter am
PC.
Bei der
zweiten Möglichkeit umgeht man den kamerainternen ISO-Verstärker, und vermeidet
so eine Verstärkung des Grundrauschens des Sensors durch die Kameraelektronik.
Technisch liegt das daran, dass die ISO-Bildaufhellung für RAW-Dateien faktisch
nicht mehr in der Kameraelektronik durchgeführt wird, sondern nur noch als
Zahlenwert in die RAW-Datei geschrieben wird. Dass bedeutet die RAW-Datei
enthält bei ISO-invarianten Sensoren immer die ISO-Basis-Werte des Sensors und
den ISO-Aufhell-Multiplikator als Zahlenwert. Egal was der User am ISO-Rad
einstellt, es werden immer die ISO-Basis-Werte (meist ISO 100) geschrieben und
dazu nur gespeichert, was der User am ISO-Rad gewählt hat (z.B. ISO 3.200). Nur
für JPEG-Dateien wird weiterhin kameraintern eine tatsächliche
Signalverstärkung durchgeführt.
Die
Sensoren von Sony waren Vorreiter auf diesem Gebiet. Heute steht die A7R Mark
III beispielhaft für die höhere Dynamik und gute Bildqualität. Allerdings
produzierte die Sensorabteilung von Sony, inzwischen komplett als unabhängige
Teilfirma ausgelagert, auch Sensoren für diverse andere Kamerahersteller, in
deren Modellen diese Technik somit ebenso Eingang fand. Nikon lieferte bereits
mit der D800 eine gute Vorleistung bezüglich Dynamikumfang und Bildqualität,
die sich bei der D810 nochmals deutlich steigerte und in der D850 zumindest
gehalten wurde. Dabei gelang es Nikon bisher fast immer, eine etwas höhere
Qualität aus dem Sony-Sensor herauszuholen als Sony selbst. Nikon bietet auch
die D750, D7200, D7500, D5500, D500 mit dieser Technologie an. Canon entwickelt
als einziger großer Kamera-Hersteller neben Sony noch selbst Sensoren und bot
ab 2017 folgende Modelle mit dieser modernen Sensortechnik an: 80D, 200D, 760D,
750D (alle ASP-C), 1D X Mark II, 5D Mark IV. Allerdings reichte deren Qualität
2017 noch nicht in allen Aspekten und immer an die Topmodelle der Mitbewerber heran.
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